Energetische Sanierung Almere Kunstlinie, Almere, Niederlande

Energetische Sanierung Almere Kunstlinie

Die Kunstlinie Almere Flevoland, eröffnet im Jahr 2007, liegt im Zentrum von Almere direkt am Wasser „Weerwater“ und bietet Theater- und Konzertsäle mit insgesamt 2000 Sitzplätzen, eine Kunstausstellung und beinhaltet eine Musikschule sowie die Büros der Betreiber. Die besondere Architektur stammt von Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa vom japanischen Architekturbüro SANAA und war deren erstes Projekt in Europa. Mit Ausnahme der Säle besteht die gesamte Außenfassade aus Glas. Transsolar sollte Maßnahmen für eine energetische Sanierung und zur Reduzierung des CO2-Fußabdruckes im Betrieb erarbeiten, die sich mit dem gegebenen Architekturkonzept gut in Einklang bringen lassen. Die fundierten Vorschläge dienen der Gemeinde als Entscheidungsgrundlage.
Heute (2024) gibt es in der Kunstlinie in bestimmten Nutzungsbereichen große Überhitzungsprobleme, dass Teilbereiche nur eingeschränkt nutzbar sind. In der Musikschule belasten die hohen tageszeitlichen Temperaturschwankungen die Instrumente und in der Kunstaustellung führen die Temperaturschwankungen zu Einschränkungen bei der Ausstellung empfindlicher Kunstobjekte.
Bei einer Begehung hat Transsolar den Zustand der Gebäudehülle, der installierten HLK- Systeme, den Komfort und Daten zum Energieverbrauch erfasst.
Der Energieverbrauch im Bestand wurde detailliert analysiert und basierend darauf ein Simulationsmodell des Gebäudes erstellt, mit dem die heutigen Verbräuche gut reproduziert werden konnten. Für die Bewertung von Sanierungsszenarien wurde eine Wetterdatenprognose für das Jahr 2050 verwendet. Demnach wird erwartet, dass dann etwa 30% weniger geheizt werden muss, aber ein deutlich höherer Kältebedarf (+60%) herrschen wird. In Sachen Wärme- und Kälteversorgung bedient sich die Kunstlinie bereits über eine Aquifer-Wärmepumpe an natürlichen Ressourcen, ist aber auch an die örtlichen Netze für Fernwärme angeschlossen.
Der Fokus der Sanierung liegt auf der Verbesserung des Sommerlichen Komforts bei Vermeidung eines außenliegenden Sonnenschutzes, der angesichts der Windexposure auch funktional fraglich wäre. Transsolar empfiehlt den innenliegenden Sonnenschutz zu automatisieren und die Luft, die sich im Spalt zwischen Glas und Sonnenschutz erwärmt, oberhalb des Spalts abzusaugen. Dieses Prinzip wurde bereits beim Projekt Hauptverwaltung Continental demonstriert. Es verringert den Eintrag von Solarenergie um bis zu 60%. Ein positiver Nebeneffekt dessen, ist eine verbesserte Verteilung der konditionierten Zuluft v.a. in der Kunstaustellung. Für die Büros werden außerdem statt der heutigen Vollkonditionierung nur über Luft effiziente Deckensegel zur Kühlung empfohlen. Das größte Potential für Energieeinsparungen liegt neben dem passiven Überhitzungsschutz in der Implementierung einer CO2-geführten Steuerung der Lüftungsanlagen v.a. in den Foyers sowie in der vollständigen Umrüstung auf LED-Beleuchtung mit Tageslicht- bzw. präsenzabhängiger Steuerung.
Für die Wärme- und Kälteversorgung schlägt Transsolar mit den reduzierten Lasten die Optimierung der Aquifernutzung vor. Alle Flächenheizsysteme sollten direkt aus der Wärmepumpe versorgt werden, anstatt Hochtemperaturfernwärme auf 35°C herunterzumischen. Das erhöht den Wärmeentzug aus dem Grundwasser und ermöglicht dadurch eine verstärkte Nutzung des Aquifers zur Kühlung im Sommer (eine ausgeglichene Wärmebilanz des Aquifer ist vorgeschrieben). Lediglich die Lüftungsanlagen und vereinzelte Heizkörper müssen weiterhin über Fernwärme versorgt werden. Die Sanierungs- und Optimierungsmaßnahmen verbessern den Komfort erheblich und erreichen insgesamt eine Reduktion der Emissionen im Betrieb um 40%.
Nach Sanierung und bei optimierter Aquifernutzung ist eine Solarstromproduktion von 970 MWh pro Jahr nötig, um den gesamten Strombedarf für den Gebäudebetrieb in der Jahresbilanz zu decken und auch die durch Fernwärme bedingten Emissionen auszugleichen. Ein klimaneutrales Gebäude im Betrieb ist möglich, wenn nur 65% der Dachfläche mit PV aktiviert sind. Dies konnte trotz hoher ästhetischer Anforderungen an die Dachaufsicht - der 5ten Fassade des Projektes - von SANAA akzeptiert werden.