RE-USE bedeutet den Erhalt von Gebäudestrukturen, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren

Beim Klimawandel ist der Gebäudesektor „der Elefant im Raum“. Um der globalen Erwärmung wirkungsvoll zu begegnen, müssen wir eine große Herausforderung angehen - der weitestgehenden Sanierung des Bestandes. Hierbei geht es über die Energieeffizienz hinaus, denn auch der ökologische Fußabdruck der Baukonstruktion hat einen enormen Anteil. Deren Last wiegt schwer, in Deutschland beispielsweise ist der Bauschutt allein für 50% des Abfallvolumens verantwortlich.

Bei einem Neubau mit vorherigem Abbruch, ist der Anteil der grauen Emissionen insbesondere durch die neue Gebäudestruktur so hoch, dass mit hohem Aufwand kompensiert werden muss, um klimaneutral zu werden. Angesichts der derzeitigen Situation im Klimawandel ist das Wertvollste jedoch, CO2 freisetzende Prozesse zu vermeiden, anstatt zu versuchen, bereits entstandene Emissionen zu kompensieren.

Es geht also darum Gebäudestrukturen zu erhalten und mit kreativen Lösungen eine attraktive Erneuerung und Aufwertung zu erarbeiten. Das trifft insbesondere bei Gebäuden zu, die nicht unter Bestandsschutz stehen, in Deutschland beispielsweise Bauwerke aus der Nachkriegsmoderne.

     Don’t touch – Was nicht zwingend erneuert werden muss, soll bestehen bleiben. Just (re)move – Was wiederverwendet werden kann, soll wiederverwendet werden, gegebenfalls an anderem Ort.

    Recycle – Verwertung zur Rückgewinnung von Rohstoffen kommt erst an letzter Stelle. 

Energetische Sanierung

Neben den bestehenden 19 Mio. Wohngebäuden in Deutschland gibt es 2,7 Mio. Nichtwohngebäuden, oftmals ohne sinnvollen Wärmeschutz oder statistischen Erhebungen zur Energieeffizienz. Oft haben nicht einmal die Besitzer ein genaues Bild über den tatsächlichen Energieverbrauch. Mit einer Sanierungsrate von ca. 1 % pro Jahr geht der Wandel zur klimaneutralen Zukunft viel zu langsam. Um die Klimaschutzziele rechtzeitig zu erreichen, müssen die Anstrengungen deutlich erhöht werden. Sanierungen erzielen Mehrwerte in mehrerlei Richtung, für den Bauherrn durch zukunftsfähige Immobilien, für die Nutzer*Innen durch höheren Komfort und niedrigere Energiekosten, und für die Umwelt durch die Reduktion der Emissionen.

Zunächst ist eine detaillierte Analyse des Bestandes wichtig, so sollten bauphysikalische Eigenschaften, sowie der Zustand der technischen Ausstattung erfasst werden, zusätzlich sind auch Komfortmessungen des Innenraumes oder Nutzerbefragungen sinnvoll. Die Ergebnisse der Analysen zeigen nicht nur die Ursachen von Unbehaglichkeit oder Energieverlusten auf, sondern bilden auch die Basis für unsere Berechnungen. So lassen sich präzise Betrachtungen einzelner Sanierungsmaßnahmen und deren Bewertung erstellen (z.B. Energieeinsparung, Kosten, Komfortsteigerung). Jedes Bestandsgebäude ist dabei ein Unikat, das sich lohnt, individuell zu betrachten. Eine allgemeingültige Antwort für alle Aufgabenstellungen gibt es nicht, die Konzeption erfolgt einzigartig angepasst auf den Bestand, die jeweiligen Zielsetzungen und Anforderungen.

Eine Veränderung des Originalgebäudes kann z.B. punktuell erfolgen, wenn es gestalterische Anforderungen des Denkmalschutzes gibt. Dann werden minimalinvasiv problematische Gebäudeteile aufgewertet. Maßnahmen richten sich z.B. auf besondere Problemstellen bei Fenstern oder Verglasung mit mangelnder Luftdichtheit und Wärmebrücken, die zu hohem Energieverbrauch und geringen Komfort führen. Auch durch Einbauten oder bei Umnutzungen kann der originale Charakter erhalten bleiben, energetisch sinnvoll verbunden mit einer emissionsarmen Energieversorgung und zeitgemäßen Lüftungsstrategien. Durch Anbauten oder Erweiterungen lässt sich bei Bedarf Raum gewinnen und somit der Bestand aufwerten. Eine Umhüllung, also eine neue, vorgesetzte Fassadenebene, ermöglicht einem Bestandsgebäude die Aufwertung des Erscheinungsbildes, sowie der Funktionalität der Hülle bei Bewahrung des vorhandenen Innenraumes. So kann ein zeitgemäßer Wärmeschutz, Sonnenschutzmaßnahmen und Lüftungselemente, aber auch dezentrale Technikkomponenten integriert werden, ohne das Gebäudeinnere zu stark zu beeinträchtigen. Durch einen Komplett-Umbau kann bei Erhalt der Grundstruktur des Altbaus das Gebäude vollständig verändert und gleichzeitig auf ein energetisches Neubau-Niveau gebracht werden. Bei der Fragestellung Neubau oder Sanierung, bieten sich Lebenszyklusanalysen (LCA) als Hilfe für die Entscheidungen an. So kann z.B. durch den Erhalt von Tragkonstruktionen ein signifikanter Anteil an verbautem Beton bestehen bleiben. Dies spart große Mengen an CO2-Emissionen aus der Zementherstellung und vermeidet Baustellentransporte. Der Ansatz einer optimierten Gebäudehülle ermöglicht eine Komfortsteigerung und reduziert zugleich den Energiebedarf beim Heizen oder Kühlen. Eine neue Energieversorgung aus erneuerbaren Ressourcen minimiert die mit der Gebäudekonditionierung verknüpften CO2-Emissionen. Lokale Energieerzeugung direkt am Gebäude ersetzt den Bezug emissionsintensiver Energie z.B. aus dem herkömmlichen Stromnetz. Insbesondere eine Kombination der gezielten Maßnahmen ermöglicht eine zukunftsträchtige Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Und dies gilt für das Entwickeln von Neubauten gleichermaßen wie für das Bauen im Bestand.

Ökologischer Fußabdruck

Die Summe schädlicher Auswirkungen auf die Umwelt heißt auch ökologischer Fußabdruck. Dieser beinhaltet bei Gebäuden, neben den CO2-Emissionen aus dem Energiebedarf während der Nutzung, weitere Aspekte, wie die grauen Emissionen aus Errichtung und Abriss der Konstruktion, aber auch den Verbrauch an endlichen Rohstoffen wie z.B. Sand und Naturstein. Auch mineralischer Bauschutt zählt dazu und Baumischabfälle, die all zu oft auf Deponien landen, sowie, insbesondere bei Neubauten, die Problematik des zunehmenden Flächenverbrauchs, verknüpft mit wachsender Versiegelung des Bodens.