Neue Parkmitte Luisenpark, Mannheim, Deutschland
Im Rahmen der Neugestaltung des größten Parks der Stadt entstehen mehreren Neubauten unterschiedlicher Nutzungen. Pavillons bleiben oberirdisch einstöckig und bekommen begrünte Dächer. Der Zentralbau ist unterteilt in das Multifunktionshaus mit Restaurant und Unterwasserwelt, begehbarer Voliere und Pinguinanlage mit Technik und Tierpflege sowie Funktionsgebäude mit WCs. Der erste Bauabschnitt wurde zur BUGA 2023 fertiggestellt, weitere Gebäude folgen.
Das Energie- und Lüftungskonzept der Gebäude verbindet Energieeffizienz und höchstmöglichen thermischen und visuellen Komfort. Es erfüllt den Wunsch, beste Aufenthaltsqualität für Besucher, Mitarbeiter und Tiere bereitzustellen bei zugleich geringstmöglichem Energiebedarf. Die angewandten Lösungen sind umweltfreundlich und bedienen sich regenerativer Energie. Die neuen Gebäude werden mechanisch mit Luft versorgt. Aus Platzgründen wird der Aquarienbereich über die Lüftungsanlage konditioniert. Für die Küchen dient eine gesonderte Lüftungsanlage. In kritischen Räumern erhöhen Deckenventilatoren als Low-Tech Strategie die Luftbewegung und damit die Behaglichkeit. Um den Energiebedarf zu senken, werden bei optimalen Außenbedingungen die großen Schiebefenster des Restaurants geöffnet und die Luft im Innenraum vermischt sich mit der von außen. Die Beheizung und Kühlung der Gebäude erfolgt primär über eine Fußbodenaktivierung, ergänzt durch mechanische Lüftung.
Als ausschließliche Wärmequelle bzw. -senke dient in diesem Projekt das Abwasser des an den Park angrenzenden öffentlichen Kanals, in den ein System mit Abwasserwärmetauscher (AWT) installiert wurde. Das ganze Jahr hindurch hat Abwasser hohe Temperaturen zwischen 10 und 20°C, sodass eine Wärmepumpe die benötigte thermische Energie mit vergleichsweise geringem Stromverbrauch bereitstellen kann, also besonders effizient arbeiten kann.
Standardisierte Wärmetauscher aus Edelstahl lassen sich in Bestandskanälen ohne großen Aufwand entlang des Bodens montieren. Die Wärmetauscher werden vom Abwasser über- und gegebenenfalls auch unterströmt. In ihrem Inneren durchläuft sie ein getrennter Flüssigkeitsstrom, der kälter ist als das Abwasser und sich dort erwärmt. Das nun wärmere Wasser fließt zum Gebäude, wo eine Wärmepumpe Wärmeenergie entnimmt und zum Heizen nutzbar macht, was das Wasser wieder abkühlt, um es wieder im geschlossenen Kreislauf zu den Wärmetauschern strömen zu lassen. Der Wärmeentzug kühlt das durchschnittlich 15°C warme Abwasser zwar ab, seine Temperatur ‚erholt‘ sich dort aber wieder durch weitere Zuflüsse sowie die Umgebungswärme aus der Erde. Je nach kommunaler Vorschrift darf Abwasser bis auf 5°C abgekühlt werden. Zur Gebäudekühlung in den Sommermonaten kehrt die reversible Wärmepumpe den Prozess um, dann dient das Abwasser zum Abtransport der dem Gebäude entzogenen überschüssigen Wärme.
Voraussetzung für einen zuverlässigen Betrieb ist ein kontinuierlicher Abwasserstrom. Das zu versorgende Objekt sollte sich daher in Reichweite einer hinreichend stark durchströmten Kanalisation befinden. Geeignete Standorte finden sich in Städten und Gemeinden bereits ab 5.000 Einwohnern aufwärts. Beides ist in Mannheim gegeben.
Notversorgung ist wichtig, falls z. B. ein Leitungsschaden im AWT vorkommt oder bei bauwerklichem Schaden im Kanal. Aber auch bei einem technischen Defekt mit Komplettausfall der Wärmepumpe muss die Notversorgung des Aquariums mit Wärme und Kälte gewährleistet sein, um die Temperatur in den Becken auf einem für die Pflanzen und Tiere einschließlich Korallen vertretbaren Maß zu halten. Eine Notversorgung ist über das Netz des Zentralgebäudes möglich, es kann Wärme aus der Energiezentrale Luisenpark eingebracht werden (Warmwasseraquarien) oder Kälte aus dem Brunnen in das System des Zentralgebäudes eingespeist werden (Pinguinbecken).
Eine weitere Sicherheit im System stellt das große Füllvolumen des AWT samt Zuleitungen dar, das dank "großer Massenträgheit" bereits kurzzeitige Schwankungen wie z.B. im Tagesverlauf abpuffert. Darüber hinaus stellt ein AWT aufgrund seiner Bauweise ohne bewegliche Teile und empfindliche Elektronik ein solides, technisch robustes und somit sehr ausfallsicheres System dar, das umweltfreundlich mit Energie versorgt.