Nasma Schule für Flüchlinge, Bourj Qalaway, Libanon
Um dem Mangel an Bildungsmöglichkeiten für syrische Flüchtlingskinder im Libanon entgegen zu wirken, schlugen Najjar Najjar Architects, Transsolar und die libanesische jugendorientierte NGO SAWA vor, kostengünstige Schulen zu entwickeln, die angemessene Lernbedingungen bieten. Syrische Kinder, die Unterricht besuchen, erleben sehr schlechten Lernumgebungen, denen grundlegende Annehmlichkeiten fehlen und die keinen Schutz vor den Elementen bieten. Unterricht wird in Zelten oder provisorischen Bauten abgehalten, bei unzureichender Beleuchtung, mangelnder Belüftung, schlechte Schalldämmung und ähnlichem.
Das interdisziplinäre Team schlug ein Pilotprojekt vor. In die Entwicklung dieser alternativen Flüchtlingsschule mit Modellcharakter wurden klimafreundliche Designstrategien eingebracht, um syrischen Kindern unterstützende Lernbedingungen zu ermöglichen. Der Transsolar Academy Fellow Ahmad Nouraldeen baute die Schule nach seiner Rückkehr in den Libanon auf. » Bauprozess
Das Bekaa-Tal ist eine Hochebene im Landesinneren, die auf 1000 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Es liegt zwischen den Gebirgsketten des Libanon und des Antilibanon, ist trockener als der Rest des Landes und und wird von Wetterextremen geprägt. Die Sommer sind sehr heiß, während es andererseits tiefe Winter gibt, in denen es häufig schneit. Um solch deutlichen Unterschieden begegnen zu können mussten die Architekten und Ingenieure gemeinsam eine Reihe kostengünstiger, intelligenter Lösungsansätze überprüfen.
Die Designstrategien umfassen Konstruktion, Konfiguration und Ausrichtung der Klassenzimmer, um mit passiven Systemen ein möglichst angenehmes Raumklima zu erzielen. Die Außenwände bestehen aus gestapelten Erdsäcken, die vor Ort zusammengebaut und durch Eco-Beam Tragstrukturen versteift werden. So steht ausreichend thermische Masse zur Verfügung, um die Auswirkungen der stark variierenden Wetterbedingungen abzupuffern. Das Holzdach folgt dem Eco-Beam Raster und ist mit Stroh isoliert und mit Blech abgedeckt. Das Provisorium hat eine Lebensdauer von bis zu fünf Jahren und hinterlässt nach der Demontage keine Spuren auf dem Gelände.
Die Zuluft der Klassenräume strömt durch Erdkanäle, wobei sie durch die niedrigere Temperatur des Bodens abgekühlt wird. Verbrauchte Luft wird durch Dachlüftungsöffnungen abgeführt. Gezielt geformte und ausgerichtete Paneele, die sich in der Sonne erwärmen, erzeugen einen Kamineffekt und treiben so einen Luftstrom an und damit die Querbelüftung der Klassenräume. Ein lichtdurchlässiges Paneel lässt ausreichend Tageslicht von Norden her in den Innenraum.
Gezielt wurden Flüchtlinge mit in den Bauprozess einbezogen, um ihnen ein Gefühl des Eigentums zu vermitteln. Nachdem der Bau erstellt und die Schule in Betrieb war, haben die Architekten und Ingenieure mit einer Datenerfassung während der verschiedenen Jahreszeiten die Arbeit fortgesetzt. Die Ergebnisse dieser Forschung wurden auf spätere Bauprojekte angewandt, um die Effizienz zu verbessern. Auch wurde der Regierung vorgeschlagen, die in diesem Pilotprojekt angewandten Smart-Design-Strategien für den Bau energieeffizienter, nachhaltiger Strukturen für andere Flüchtlingseinrichtungen zu nutzen.
2017 war Karim Najjar in Deutschland um die Verbreitung und Fortsetzung dieses Ansatzes mit möglichen Kooperationspartnern zu besprechen. Darüber wurde in der Landesschau berichtet.
Hier zu lesen ist das ausführliche englischsprachige Paper der American University of Beirut (AUB) von K. Najjar, B. Madi, A. Nouraldeen.
Grundlagen und Design des Prototyps Nasma Schule nutzt inzwischen auch das Ghata Projekt der AUB: Bei den Schulen sind die Klassenräume transportabel und lassen sich in der Größe anpassen.